Der Artikel zum Konzept der Multikollektivität argumentiert, dass die traditionelle Vorstellung einer Eingebettetheit des Individuums in „seine“ Kultur nichts mehr taugt, da sie im Widerspruch steht zu der einfachen aber folgenreichen Beobachtung, dass jedes Individuum gleichzeitig Teil zahlreicher Kollektiv- und damit auch Kulturzusammenhänge ist.
Unsere simplen Vorstellungen werden der Komplexität des Verhältnisses des Einzelnen zu seiner sozialen Umwelt nicht mehr gerecht. Sie können die offensichtliche Vielfalt in modernen Gesellschaften nicht erklären, sie scheitern an der Beschreibung individueller Identitätsentwürfe, sie finden auch keine befriedigenden Antworten auf die Schwierigkeiten sogenannter interkultureller Begegnungen oder soziale Probleme durch Migration.
Das kulturwissenschaftliche Konzept der Multikollektivität lenkt unseren Blick dagegen auf die Mehrfachverortung des Einzelnen in unterschiedliche Kollektivzusammenhängen. Obwohl von jeder unserer Zugehörigkeiten beeinflusst, werden wir von ihnen nie vollständig determiniert. Gerade die spezifische Zusammensetzung unserer Mitgliedschaften befeuert unsere Individualität.